klimabienenhotspot am oscheeberch oder eigentlich ist dieser Superstar überall

Die Biene als Superstar

HOBOS im naturwissenschaftlichen Unterricht

hoBoS steckt in vielen Fächern: hoBoS – honey Bee online Studies – ist eine interaktive lernplattform. ihr herzstück ist ein Bienenstaat, der rund um die Uhr überwacht wird. Die Bienen werden beobachtet, diverse Daten gesammelt und ausgewertet, umfangreiche Datensätze in Beziehung gesetzt. Dieser Artikel stellt die Einsatzmöglichkeiten von hoBoS in verschiedenen naturwissenschaftlichen Fächern vor und zeigt ein konkretes unterrichtsbeispiel aus der Biologie.

Jede Minute werden im und um den Bienenstock verschiedenste abiotische Daten erfasst, und Innen-, Außen- und Wärmebild- kameras nehmen die Aktivitäten der Bienen auf. Die Datenmenge – immerhin rund 460.000 Messwerte im Monat – ist so groß, dass Professor Jürgen Tautz, Gründervater von HOBOS, und seine Mitarbeiter die Datenvielfalt gar nicht auswerten können. So werden sämtliche Daten freizugänglich ins Internet gestellt (www.hobos.de) und bieten Ausgangspunkte für verschiedenste naturwissenschaftliche Fragestellungen.

HOBOS steckt voller Mathematik

Der Mathematikunterricht soll den Schülern ermöglichen, „Erscheinungen der Welt um uns, die uns alle angehen oder angehen sollten, aus Natur, Gesellschaft und Kultur, in einer spezifischen Art wahrzunehmen und zu verstehen“ und dabei „in der Auseinandersetzung mit Aufgaben Problemlösefähigkeiten (heuristische Fähigkeiten), die über die Mathematik hinaus gehen, zu erwerben.“ (Winter 2003; vgl. auch KMK 2004).

Das Projekt HOBOS ist in vielfältiger Weise dazu geeignet, diese Grunderfahrungen zu vermitteln. Zum einen handelt es sich bei der Beobachtung eines Bienenvolkes um ein hochaktuelles Forschungsgebiet, das Aufgrund der exponierten Stellung der Honigbiene in der Nahrungskette für jeden Einzelnen relevant ist. Zum anderen werden dabei mathematische Werkzeuge benötigt, die einen sachgerechten Umgang mit den anfallenden Informationen überhaupt erst ermöglichen.

So entsteht für den Mathematikunterricht eine höchst fruchtbare Symbiose: Die in HOBOS gesammelten Daten sind ohne geeignete Aufbereitung, Darstellung und Interpretation mit den Mitteln der Mathematik wertlos, die Schüler lernen also ein wichtiges Anwendungsgebiet der Mathematik kennen. Umgekehrt liefert die Datenbank eine riesige Fülle von Realdaten, deren Interpretation nur vor dem biologischen Hintergrund sinnvoll ist.

Die Schüler haben also die Möglichkeit, reale Daten in einer authentischen Forschungsumgebung zu untersuchen, und können auf dieser Grundlage Hypothesen über das Leben der Honigbiene finden und formulieren. Zentrale Aufgabe ist es dann, Aussagen und Hypothesen durch eine geeignete Darstellung und Auswertung der Datenlage kommunizierbar zu machen, zu überprüfen und auf Verallgemeinerbarkeit zu untersuchen – dazu ist eine Argumentation auf der mathematischen Ebene, unter Berücksichtigung des biologischen Kontextes, notwendig.

HOBOS steckt voller Informatik

Angefangen bei den Informatiksystemen zur Erhebung und Verarbeitung von Messwerten im Bienenstock und der benachbar- ten Umweltmessstation, über die Datenbank zur persistenten Speicherung all dieser Informationen bis hin zur interaktiven Website, die Nutzern aus aller Welt die Daten und Materialien zugäng- lich macht: Überall verbergen sich viele interessante Fragestel- lungen für den Informatikun-

terricht. Von ganz besonderem Interesse ist dabei jedoch die HOBOS-Datenbank, in der sich inzwischen eine gigantische Da- tenmenge angesammelt hat: Temperaturdaten aus dem Inneren des Bienenstocks, sein Gewicht, die Anzahl der Ein- und Ausflüge unserer Honigbienen sowie zahl- reiche Informationen über die Umgebung des Stocks, wie Temperaturdaten, die Feuchte der Luft, der Blätter und des Bodens, die Windgeschwindigkeit und seine Richtung und so weiter.

Der Umgang mit relationalen Datenbanken ist in vielen Bundesländern wichtiger Bestandteil des Informatikcurriculums. In bayerischen Gymnasien widmet man diesem Themenkomplex zum Beispiel rund ein halbes Schuljahr (http://www.isb-gym8- lehrplan.de). Wichtig sind dabei unter anderem die Modellierung von Datenbanken und die Abfrage von Daten aus der Datenbank. Aus praktischen Grün- den kommen meist unrealistisch kleine Datenbanken mit fiktiven Daten zum Einsatz.

Das HOBOS-Projekt arbeitet mit einem Datenbestand des HOBOS-Bienenvolkes und der Um- weltmessstationen: echte statt fiktiver Daten, Tabellen mit Tausenden von Zeilen statt nur mit wenigen Einträgen, kontinuierlich und zeitnah aktualisierte Daten statt veralteter Beispiele. Interessant wird die Arbeit mit den HOBOS-Daten vor allem, da sich die Datenbankrecherche über interdisziplinäre For- schungsfragen zum Bienenvolk und seiner Umgebung motivieren lässt.

Wie verhalten sich die Bienen zum Beispiel an besonders warmen oder kalten Tagen? Kein Problem: Eine Abfrage zur Bestim- mung warmer oder kalter Tage ist schnell formuliert.

Stimmt es, dass Bienen vor einem Gewitter nicht mehr ausfliegen? Kein Problem: Schnell liefert die Datenbank alle auffälligen Wetterereignisse. Derartige Forschungsfragen motivieren darüber hinaus auch zur Beschäfti- gung mit weitaus komplexeren Problemen, die nicht selten über

das curricular Geforderte hinausgehen. Und noch ein Vorteil: Das Bienenvolk spricht Mädchen und Jungen gleichermaßen an!

HOBOS steckt voller Chemie

„MINT-Fächer sollen studiert werden! Wir brauchen naturwissenschaftlich gut ausgebildete Schülerinnen und Schüler.“ Solche oder ähnliche Aussagen hört man immer wieder aus der Wirtschaft – und trotz aller Bemühungen hungen der Schule und der Wirtschaft lehnen viele Schüler den Chemie- oder auch den Physik- unterricht ab.

Schüler der Oberstufe bezeichnen Chemie und Physik oft als unbeliebteste Fächer. Als Ursache für diese Ablehnung wird die Abstraktheit dieser Fächer gesehen und dass viele Fachinhalte außerhalb der Lebenswirklichkeit der Schüler liegen (vgl. Merzyn 2008).

Hier eröffnet HOBOS eine große Chance. Die Honigbiene als Anker zur Lebenswirklichkeit der Schüler bietet die Möglichkeit, beispielsweise mit der chemischen Analyse des Honigs oder auch bei einer chemischen Untersuchung des Wachses die Lernenden für das Fach Chemie zu motivieren.

Bei der chemischen Analyse des Bienenhonigs lassen sich verschiedene fachtypische Arbeitsweisen am Beispiel einüben. Fragen wie die nach dem pH-Wert verschiedener Honigsorten, nach den Inhaltsstoffen des Honigs, fotometrische Untersuchungen verschiedener Honigsorten oder die Überprüfung des Wasser- gehaltes des Honigs führen Schüler am Realobjekt in verschiedenste chemische Analyseverfahren ein.

Auch am Beispiel des Bienenwachses können chemische Experimente durchgeführt werden, zum Beispiel, indem die Schüler seinen Schmelzpunkt bestimmen. Intrinsisch entwickeln die Schüler Fragestellungen wie: Welche Struktur muss ein organisches Molekül haben, dessen Schmelzpunkt bei 62 bis 65 Grad Celsius liegt? Welchen biologischen Sinn erfüllt dieser Schmelzbereich? Welche funktionellen Gruppen finden sich im Bienenwachs?

Die interdisziplinären Möglichkeiten von HOBOS machen vor der Chemie nicht halt.

HOBOS begeistert und motiviert für die Naturwissenschaft Chemie.

HOBOS steckt voller Geographie

http://www.alexandrasbienenwelt.de

Rund um die Honigbiene erfasst HOBOS eine enorme Fülle umweltrelevanter Daten zu Naturfaktoren wie Temperaturgang, Niederschlag, Luftbewegung oder Bodenfeuchte als bestimmende Faktoren für räumliche Strukturen und Prozesse auf der Erde. Die Plattform bietet Informationen für das entdeckende Lernen in der Geographie, deren Lehrplan Einblicke fordert in naturgeographische Gesetzmäßigkeiten, aber auch in die Vielfalt und Schönheit der Erde sowie in die mögliche Gefährdung von Geoökosystemen durch menschliche Eingriffe.

HOBOS bietet durch die variable, höchst userfreundliche Nutzung der Datenbank eine sehr gut strukturierbare Auswahl von naturgeographisch relevanten Informationen, die die Schüler gezielt bearbeiten und durch vielfältige Korrelation verknüpfen können. So erschließen sich durch Eigentätigkeit Wirkungs- zusammenhänge zwischen raumrelevanten Naturfaktoren.

Da das Fach Geographie natur-, wirtschafts- und gesellschaftswissenschaftliche sowie historische Betrachtungsweisen integriert, bietet sich HOBOS auch für eine fächerübergreifende Zusammenarbeit an. HOBOS international unterstützt als Basis für geographische und fächerübergreifende Unterrichtsprojekte mit Partnerschulen die Lehrplanforderung nach interkulturellem Lernen im Schulfach Geographie.

HOBOS leistet so für die Geographie – als Integrationsfach gesellschaftlicher und naturwissenschaftlicher Sichtweisen – darüber hinaus einen entscheidenden Impuls zur Umweltbildung, in der vor allem die Konzeption einer nachhaltigen Entwicklung von Räumen, Ökonomien und Gesellschaften thematisiert wird.

HOBOS steckt voller Biologie

Der HOBOS-Bienenstaat wird rund um die Uhr mithilfe von Wärmebildkameras, Innenkameras und Außenkameras beobachtet. Die Schüler können das Ver- halten der Bienen beobachten – ohne die Gefahr, gestochen zu werden – und sich direkt mit dem Realobjekt am Computerbildschirm auseinandersetzen. Wie verhalten sich die Bienen an besonders heißen Tagen? Wie und wann reagieren sie auf schlechtes Wetter? Was tun Bienen nachts oder im Winter? Wie verändert sich das Stockgewicht im Laufe eines Bienenjahres? All diese Fragen können Schüler mit- hilfe von HOBOS selbstständig beantworten.

Am Deutschhaus Gymnasium in Würzburg wurde HOBOS bereits jetzt im Stufenplan der achten Jahrgangsstufe verankert. Im Fach Biologie sollen die Verhaltens- und Lebensweisen von Insekten am Beispiel der Biene und mit HOBOS erforscht werden.

Bienen wird interpretiert. Hierbei können die Lernenden selbst- ständig die Ursachen für die Ge- wichtszunahme im Sommer und die Gewichtsabnahme im Winter erschließen. Es wird ersichtlich, dass die Bienen während dieser Heizperioden sehr aktiv sind und mithilfe des Muskelzitterns den Bienenstock aufheizen. Energiegewinnung aus Honig über die Zellatmung und Muskelaktivität bieten Optionen für verschiedene naturwissenschaftliche Unterrichtseinheiten und dienen als Anknüpfungspunkte für bereits behandelte oder noch zu behandelnde Unterrichtsinhalte der Biologie.

HOBOS-Unterrichtsmodule eignen sich ebenso, um binnendifferenziert zu arbeiten. Auch dies kann am Beispiel der Unterrichtseinheit zum Stockgewicht der Biene erläutert werden. Es ist für die Lehrkraft ein Leichtes, für schnelle Schüler zusätzliche Arbeitsaufträge zu entwerfen. Haben die Schüler schon Erfahrungen aus verschiedenen naturwissenschaftlichen Unterrichtssequenzen gesammelt, können sie im Idealfall mithilfe der HOBOS-Daten auch eigene Fragestellungen entwickeln und diesen nachgehen.

Mögliche fächerübergreifende Unterrichtskonzepte – wie sie im „Biologieteil“ vorgestellt wurden – werden ständig erarbeitet, überarbeitet und zweisprachig (deutsch und englisch) veröffentlicht. Im Idealfall lernen die Schüler die Lernplattform HOBOS kennen und schätzen und nutzen sie selbst, um eigenständig formulierte naturwissenschaftliche Fragen zu beantworten. Auch für eine Bewerbung für „Jugend forscht“ kann HOBOS als Wegweiser dienen. Daher sind alle Lehrkräfte dazu eingeladen, HOBOS zu nutzen oder selbst an der Plattform mitzuarbeiten. Die Einsatzmöglichkeiten sind gren- zenlos und können jeden Unterricht mit Sicherheit bereichern.

Vor dem Einsatz der HOBOS- Datenbank in Ihrem Unterricht sollten Sie sich selbst mit der Lernplattform HOBOS vertraut machen.

Literatur

CurCio, FranCeS r.: Developing graph comprehension, reston, Va 1986 Friel, SuSan n.; CurCio, FranCeS r.; Bright, george W.: Making sense of

graphs: critical factors influencing comprehension and instructional implications,

in: Journal for research in mathematics education 32 (2), 2001, 124–158 KultuSMiniSterKonFerenz (KMK): Bildungsstandards im Fach Mathematik für

den mittleren Schulabschluss, München 2004
Winter, Heinrich: Mathematikunterricht und Allgemeinbildung, in: Henn, Hans

Wolfgang et al.: Materialien für einen realitätsbezogenen Mathematikunterricht,

Hildesheim 2003, 6–15
Merzyn, Gottfried: Naturwissenschaften, Mathematik, Technik — immer unbeliebter? Die Konkurrenz von Schulfächern um das Interesse der Jugend im Spiegel vielfältiger Untersuchungen, Hohengehren 2008

Autoren

Str Christoph Bauer unterrichtet am Deutschhaus gymnasium Würzburg Biologie und Chemie, stellt hoBoS auf internationalen Lehrerfortbildungen in Zusammenarbeit mit europafels e. V. vor und ist als Mitglied des hoBoS-teams für die Etablierung der Lernplattform an der Schule zuständig.

OStD Norbert Baur war Fachleiter für Geographie, Sozialkunde, Wirtschaft und recht am Gymnasium. Nach einer späteren Tätigkeit in der Lehrerausbildung leitet er heute das Deutschhaus-Gymnasium in Würzburg.
Prof. Dr. Martin Hennecke promovierte in der Informatik über diagnostische Lehr-Lern-Systeme. Seit 2010 ist er Universitätsprofessor für Didaktik der Informatik an der Universität Würzburg und interessiert sich unter anderem für motivierende Themen im Informatikunterricht.

Dipl. Math. Markus Ruppert promoviert nach abgeschlossenem Lehramtsstudium und mehrjähriger Lehrertätigkeit am Gymnasium auf dem Gebiet der Lernpsychologie im Bereich Mathematikdidaktik. Er ist seit 2009 akademischer Rat am Lehrstuhl für Didaktik der Mathematik der Universität Würzburg und beschäftigt sich dort insbesondere mit dem Einsatz moderner Technologien im Mathematikunterricht.

ein Dank geht an Michaela Will (Lehramtsstudentin Biologie/Chemie),
die unter großem Einsatz Materialien für das Unterrichtsmodul erstellt hat. Weitere Arbeitsblätter und Unterrichtsmodule können Sie unter http://www.hobos.de herunterladen.

Praxis Schule 2-2013

Kommentare sind geschlossen.

Bloggen auf WordPress.com.

Nach oben ↑

%d Bloggern gefällt das: